Die Neustifter Bibliothek ist eine der bedeutendsten und mit ihrem prachtvollen Barocksaal auch eine der schönsten Klosterbibliotheken in Tirol. Das Kloster wurde im Jahr 1142 vom seligen Bischof Hartmann von Brixen gegründet. Die ersten Bücher kamen wohl gemeinsam mit den Augustiner Chorherren aus Klosterneuburg (NÖ), die das Kloster Neustift besiedelten, ins Kloster. Sie dienten vor allem der Liturgiefeier, dem Chorgebet, dem Studium der Ordensregel des Hl. Augustinus und dem Unterricht in der bald nach der Klostergründung errichteten Klosterschule. Neustift besaß auch ein eigenes Skriptorium, in dem zahlreiche prunkvolle Handschriften entstanden.
Im Jahre 1431 wurde unter Propst Ulrich II. Weingartner ein „doppelte[r] Bibliotheksraum“ errichtet. Im 15. Jahrhundert erlebte Kloster Neustift und mit ihm auch seine Schreibstube eine kulturelle Blüte, die jedoch mit den Bauernkriegen um 1525 enden sollte: Das Stift wurde geplündert und es entstand großer Schaden an „Prief und Puechern“. Stift und Bibliothek erholten sich davon nur langsam, doch gegen Ende des 18. Jahrhunderts war die Büchersammlung wieder so stark angewachsen, dass neue Bibliotheksräume notwendig waren. Unter Propst Leopold de Zanna errichtete der renommierte Architekt Antonio Giuseppe de Zanna einen zweistöckigen repräsentativen Barocksaal mit umlaufender Empore. Die Barockbibliothek umfasst etwa 20.000 Bände: Im Untergeschoss sind die theologischen Werke untergebracht, während die Empore die geisteswissenschaftlichen Werke beherbergt.
Von den Klosteraufhebungen unter Joseph II. blieb Kloster Neustift zwar verschont, jedoch nicht von den bayerischen Klosteraufhebungen im Jahre 1807: Mehrere Tonnen an Büchern, darunter viele Handschriften und Inkunabeln, gelangten 1809 in die Innsbrucker Universitätsbibliothek. Nur ein kleiner Teil dieser Handschriften und Inkunabeln (es sollen ursprünglich 820 gewesen sein) kehrte im Zuge der Jahrzehnte nach zahlreichen mühevollen Bestrebungen wieder nach Neustift zurück. Der Großteil befindet sich heute in der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol in Innsbruck.
Heute zählt die Neustifter Bibliothek über 96.000 Bände, die auf verschiedene Bücherdepots im ganzen Haus verteilt sind. Sie wurden im Rahmen des Projekts EHB in den Jahren 2005 bis 2011 erfasst.